UPDATE: Mittlerweile hat sich David DiSanto in einem Videostatement selbst an die Öffentlichkeit gewandt. Der Clip wurde über VEKTORs Management/Booking Agentur District 19 veröffentlicht und über die Social Media Kanäle der Band verbreitet. Der Sänger und Gitarrist äußert sich darin folgendermaßen: "Ich hatte gehofft, dass die Vorwürfe gegen mich letztendlich verschwinden würden, aber dadurch, dass die Band kürzlich einen Plattenvertrag mit Century Media wegen dieser Fehlwahrnehmung verloren hat, ist es an der Zeit, dass ich alles für jeden deutlich klarstelle. Ich entschuldige mich für meine ursprüngliche Reaktion im Jahr 2019 und die darauffolgende Stille. Zu dieser Zeit wurde es mir einfach zu viel. Deshalb möchte ich für unsere Fans jetzt klarstellen, was in diesem düsteren, schrecklichen Video tatsächlich passiert, das im Internet kursiert.
Dieser kleine Kerl hier (neben David auf der Couch sitzt sein Hund Sprinkles) löste eine Kettenreaktion aus, die ich mir niemals hätte ausmalen können. Anfang 2019 übten wir noch, dass er stubenrein wird und er hinterließ mitten in der Nacht ein wenig Kot auf den Treppen, nachdem ich schon ins Bett gegangen war. Gegen Mitternacht weckte mich meine Frau auf, indem sie neben mir am Bett stand, mir wiederholt gegen den Kopf schlug, an meinen Haaren zog, ihre Nägel in meine Brust grub und mich anschrie, ich solle sofort seinen Kot wegräumen. Ich sagte wiederholt zu ihr: 'Lass mich in Ruhe' und 'das hat Zeit bis morgen', aber sie hörte auch nach gefühlt 30 Minuten nicht damit auf. Schließlich stand ich auf und wurde von ihr gegen die Wand zwischen dem Bett und meiner Kommode gedrängt. Ich bat sie darum, zur Seite zu gehen, damit ich das machen konnte, was sie von mir verlangte, aber sie ließ die Situation weiter eskalieren. Deshalb hob ich sie hoch und bewegte sie auf das Bett, aus dem Weg, damit ich vorbeikam. Dann warf ich ein Kissen und wiederholte noch einmal: 'Lass mich in Ruhe.' Das ist die Wahrheit und die Realität dessen, was vor und während diesem Video passiert.
Für manche Menschen klingt das vielleicht nicht nach einer großen Sache, aber ich möchte deutlich klarstellen, dass es mir aufrichtig Leid tut und ich mich dafür schäme, wie ich in dieser Situation reagiert habe. Dadurch, dass mein Privatleben für komplett fremde Menschen enthüllt wurde, konnte ich viel lernen und daran wachsen. Diese vergangenen Jahre haben mich durch und durch gedemütigt. Wie viele andere auch, war ich in einer toxischen Beziehung und fühlte mich gefangen, ich kam nicht heraus. Ich hoffe, dass all die Menschen, die so etwas durchmachen, die Kraft finden, sich zu erholen und mit ihrem Leben weiterzumachen. Das versuche auch ich. Bezüglich eines weiteren Gerüchts, das im Netz kursiert, gibt es keine fortwährenden Rechtsstreitigkeiten zwischen meiner Ex-Frau und mir. Unsere Scheidung war schon 2021 abgeschlossen und lief sehr gewöhnlich ab, zumindest was Scheidungen anbelangt. (…)
Hoffentlich werden die Leute dazu in der Lage sein, uns nach unserer Musik und nicht nach unseren Privatleben zu beurteilen: meinem Privatleben. Ich strebe weiterhin danach, mich jeden Tag in allen Aspekten meines Lebens zu bessern. Es ist eine Schande, dass wir einen Plattenvertrag durch Lügen und Verleumdung verloren haben, aber wir werden weiterhin unser Bestes geben, wachsen und uns den Herausforderungen stellen. (…)"
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Das Internet vergisst nicht. Als Century Media Records am 14. September feierlich verkündeten, die US-amerikanischen Prog-Thrasher VEKTOR unter Vertrag genommen zu haben, brach in der Kommentarsektion der sozialen Medien ein regelrechter Shitstorm über das deutsche Plattenlabel herein. "Wir freuen uns sehr darüber, verkünden zu können, dass VEKTOR bei Century Media Records unterschrieben haben", kommentierten CMR zum damaligen Zeitpunkt. "Wir hatten sie schon lange auf dem Radar und könnten nicht glücklicher über diese neue Partnerschaft sein". Das sahen die Fans offenbar anders und sorgten für massiven Gegenwind. Der Post wurde kurz darauf gelöscht. Nur zwei Tage später reagierte das Label mit einem neuen Statement, knapp und prägnant formuliert, weiße Schrift auf schwarzem Hintergrund: "Century Media Records haben die Entscheidung getroffen, sich mit sofortiger Wirkung von VEKTOR zu trennen." Die Kommentarfunktion unter dem Post ist bis heute deaktiviert.
Eine derart schnelle Kurskorrektur erscheint zunächst ungewöhnlich. Um die Umstände etwas besser einordnen zu können, kann es möglicherweise helfen, sich ausführlicher mit VEKTOR und besonders ihrem Frontmann David DiSanto auseinanderzusetzen. Als die Prog-Thrasher im Jahr 2016 ihren vielerorts (auch bei uns) abgefeierten dritten Langspieler "Terminal Redux" veröffentlichten, schien einem Siegeszug der US-Amerikaner zunächst nichts mehr im Wege zu stehen. Noch im selben Jahr/Anfang 2017 folgte dann jedoch die durchaus überraschende Nachricht, dass mit Schlagzeuger Blake Andersson, Bassist Frank Chin und Gitarrist Erik Nelson alle damaligen Mitglieder bis auf Sänger/Gitarrist DiSanto die Band verlassen (wir berichteten). Letztgenannter verkündete daraufhin, die Band den widrigen Umständen zum Trotz am Leben erhalten zu wollen (siehe ein ausführliches Statement aus dem Jahr 2018), trotzdem lagen VEKTOR daraufhin rund vier Jahre auf Eis. Im Mai 2020 kündigte DiSanto schließlich an, die Band mit einem neuen Line-Up bestehend aus dem zurückgekehrten Gitarristen Erik Nelson, Schlagzeuger Mike Ohlson und Bassist Stephen Coon zu reaktivieren. Zum damaligen Zeitpunkt war der VEKTOR-Mainman durch einige äußerst problematische Anschuldigungen jedoch längst anderweitig in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
(Warnung: Im nachfolgenden Absatz werden einige sensible Beschreibungen häuslicher Gewalt thematisiert.)
Denn wie Metalsucks erstmals im Juni 2019 federführend berichteten, soll David DiSanto seine frühere Ehefrau Katy mehrfach körperlich und verbal misshandelt haben. In einem von Katy veröffentlichten Video, soll zu sehen sein, wie der Musiker seine damalige Frau schlägt, beschimpft und sogar wirft. Außerdem gibt die Betroffene an, schon früher von ihm missbraucht worden zu sein und führt dies unter anderem auf ein angebliches Alkoholproblem ihres Ex-Mannes zurück (die Aussagen sowie ein Statement von Katy sind etwa bei Metal Injection nachzulesen). David DiSanto selbst äußerte sich ebenfalls ausführlich und wies dabei sämtlich Schuld von sich: "Aktuell sind eine Menge Fehlinformationen in Umlauf. Ich habe versucht, mich bedeckt zu halten, aber es gibt zu viel Hass von allen Seiten. Ich muss etwas sagen, die Dinge aber auch vage halten. Ich will, dass ihr alle wisst, dass Beziehungen manchmal schwierig werden und Menschen schlechte Dingen sagen und machen, wenn es unangenehm wird. Ich wollte niemals, dass mein Leben zu einer dummen Reality Show/Seifenoper verkommt, aber das ist jetzt passiert. (...)" Katy ging schließlich sogar gerichtlich gegen ihren Ex-Mann vor und soll sich dabei Hilfe von der gemeinnützigen Organisation Women Against Abuse geholt haben. Der aktuelle Stand oder Ausgang der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Katy und David DiSanto ist nicht bekannt. Im Fanlager von VEKTOR führten die Anschuldigungen jedenfalls zu kontroversen Diskussionen und einer gespaltenen Meinung rund um DiSanto, was die Reaktionen auf die Plattenvertrags-Ankündigung erklärt.
Im Zuge der jüngsten Geschehnisse sowie mit Blick auf die schwerwiegenden und noch immer aktuellen Anschuldigungen gegen David DiSanto haben wir sowohl bei Century Media Records als auch bei VEKTOR selbst für ein Statement angefragt, um angesichts der unklaren Lage etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Von Seiten des Labels erhielten wir dabei eine deutliche aber knapp formulierte Antwort: "Wie bereits auf unseren Social Media Kanälen kommuniziert, haben wir die Zusammenarbeit letzte Woche mit sofortiger Wirkung beendet. Wir können und werden zu den Vorwürfen keinen Kommentar abgeben." Ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der Beendigung der Zusammenarbeit und den Anschuldigungen gibt, ist also nicht bekannt. Von David DiSanto wiederum gab es bislang keine Reaktion auf unsere Anfrage. Sollten sich hier noch neue Entwicklungen ergeben, wird dieser Artikel selbstverständlich aktualisiert.
Wenn ihr oder Personen in eurem Umfeld häusliche Gewalt erfahren habt, könnt ihr euch in Deutschland unter anderem an folgende Stellen wenden:
- Polizeitnotruf unter der Telefonnummer 110
- Hilfstelefon "Gewalt gegen Frauen", Tel.: 0800 011 6016
- Hilfstelefon "Gewalt an Männern", Tel.: 0800 1239900
- Elterntelefon "Nummer gegen Kummer" (richtet sich an Mütter, Väter und Sorgeberechtigte, die sich beraten lassen wollen), Tel.: 0800 111 0550 (montags bis freitags von 9 Uhr bis 11 Uhr und dienstags und donnerstags von 17 Uhr bis 19 Uhr)
- Kinder- und Jugendtelefon "Nummer gegen Kummer", Tel.: 116 111 (montags bis samstags von 14 Uhr bis 20 Uhr, ganztägig per E-Mail oder Chat)
- Weitere Anlaufstellung findet ihr auf der Beratungsseite der Polizei.