Üblicher- und richtigerweise gelten Black Sabbath als die Begründer des Doom Metal und auch des Stoner Rock, doch als die ursprüngliche Besetzung Ende der Siebziger zerbrach und sich die Band mehr in Richtung Epic Metal orientierte, sprangen – oder besser gesagt: schleppten sich langsam – andere in die Bresche; darunter ein Herr mit stechendem Blick, rauer Stimme und schnelleren Fingern, als es für das Genre nötig wäre, der meist einfach nur „Wino“ genannt wird.

Wessen Herz im stark reduzierten Tempo schlägt, der hat darin ein Plätzchen für Scott Weinrich reserviert. Seit gut 40 Jahren prägt „Wino“ als Sänger und Gitarrist von Bands wie Saint Vitus, Spirit Caravan, Place Of Skulls, The Hidden Hand oder Shrinebuilder mit unverwüstlicher Kraft den Doom-Underground.

Träfe man Scott „Wino“ Weinrich auf der Straße, ohne ihn zu kennen, hielte man ihn seinem Spitznamen entsprechend womöglich für einen Wermutbruder: Die Tattoos sind verblasst, die Lederweste ist abgewetzt und der Bart mindestens eine Woche alt. Das Leben im Drogen- und Alkoholsumpf hat dem bald 62-Jährigen tiefe Furchen ins Gesicht gegraben, doch wenn Wino mit The Obsessed auf der Bühne steht wie Anfang Juni im Karlsruher Club Die Stadtmitte, verwandelt er sich in den alterslosen Doom-Rock-Gott zurück, der er immer war.

Zehn Jahre sind eine stolze Zahl für ein Event, das wie das FREAK VALLEY FESTIVAL von einem Verein organisiert wird und eine musikalische Nische feiert. Die Anfänge mögen bescheiden gewesen sein, doch seit einigen Jahren spielt auf dem Gelände der Arbeiterwohlfahrt in Netphen-Deuz die Crème de la Crème der internationalen Psychedelic-, Stoner- und Doom-Szene.

Zehn Jahre Freak Valley; wir waren dabei - und gratulieren mit einer Fotostrecke zum Jubiläum!

Als THE OBSESSED 1976 unter anderem Namen in der Kleinstadt Potomac an der US-Ostküste zusammenfanden, um ihre Idole zu covern, standen die jungen Mitglieder noch unter dem Eindruck des frühen Glamrock. Gitarrist Scott „Wino“ Weinrich wusste allerdings schon, dass er schwerere Geschütze auffahren wollte, auch wenn er natürlich nicht ahnte, dass er und die Band einmal als Doom-Pioniere Amerikas gelten würden. Bei einem solchen Vollblutmusiker liegt es in der Natur der Sache, dass die Geschicke dieser Gruppe mit mehreren anderen verbunden sind.

Kaum einer hätte es noch für möglich gehalten, doch nun hat Scott „Wino“ Weinrich mit THE OBSESSED seine vielleicht kultigste Band reaktiviert und mit „Sacred“ ein formidables Album herausgebracht. Ein spätes Highlight einer Karriere, die von glanzvollen Höhen und vielen Tiefen geprägt ist.

Für Kenner ist es entweder eine kleine Sensation oder eine halbgare Geschichte: 22 Jahre nach dem letzten Album und vier Jahre nach einem Reunion-Gig in ihrer letzten Besetzung hat Scott „Wino“ Weinrich (u.a. Saint Vitus) den Kultact THE OBSESSED (1976 als Warhorse gegründet) voraussichtlich dauerhaft wiederbelebt – gleichwohl mit ihm selbst als einzigem früheren Mitglied. Eine neue Scheibe ist im Kasten, und die Doom-Ikone unterrichtet uns fernmündlich über den Stand der Dinge.